UnzĂ€hlige HerzschlĂ€ge schon, Jahrzehnte, ein halbes Leben lang, weilt dieses GefĂŒhl tief in meinem Innern. Als wĂ€re es ein Lied, spielt der Refrain wieder und wieder in meinem Herzen. Ja wĂ€re dieses eine GefĂŒhl ein Lied, allein der Bass wĂŒrde tief in meiner Seele vibrieren. Wie ein Wunsch der nach Jahren versucht an die OberflĂ€che zu brechen, schwingen die Verse durch meinen Körper. Als hĂ€tte ich KirschblĂŒten im Kopf, die sich zart und rosafarben um jeden meiner Gedanken wickeln, sie vollstĂ€ndig einhĂŒllen, kann ich an nichts anderes denken. Ich habe es versucht, was ich auch mach, woran ich auch denke und arbeite â es scheint alles nur auf diesen einen Moment hinzuarbeiten. Das Lied meiner Seele spielt tagein tagaus â wiederholt sich Vers fĂŒr Vers, dann der Refrain. In einer ewigen und endlosen Dauerschleife, lebe ich die Töne meines eigenen Liedes, schlafe ich mich in die TrĂ€ume zwischen den Noten und bin selbst der Refrain. Auf meine Zunge legt sich der Geschmack von grĂŒnem Tee, WĂŒnsche und TrĂ€ume platzen, ich lasse sie los. Nur eine Note bringt mich aus dem Takt, gefangen im Refrain; mir selbst. Ich fĂŒhle die Tatamis unter mir, spĂŒre die warmfeuchte Brise, die der letzte Taifun auf meiner Haut hinterlassen hat. In meinen Augen brennen noch immer die Lichter der Stadt â der Stadt, nach der sich alles in mir zu sehnen scheint â der Stadt, die mein Herz mit jeder einzelnen Faser liebt. Es ist wie ein Ziel, welches ich nicht aus den Augen verlieren kann, selbst wenn ich nicht mehr kann, laufe ich weiter â immer weiter. Ein so kraftvoller Wunsch, dass ich bereit bin alles dafĂŒr zu geben. Sechstausendzweihundert Tage frage ich mich schon: »Was tue ich hier eigentlich?« Sechstausendzweihundert Tage denke ich immer wieder: »Warum tue ich es nicht endlich?« Ich werde es tun. Ich tue es. Ich â habe es getan! Ich habe KirschblĂŒten im Kopf, GlĂŒck durchströmt mein gesamtes Ich, fĂŒllt mich ĂŒber mein Selbst hinaus aus. Der Refrain in mir wiederholt sich öfter als in jedem anderen Lied meines Lebens, als gĂ€be es nur noch dieses eine Lied. Es gibt nur noch dieses eine Lied, diesen einen Wunsch. Mein Kartenhaus, das ich vor ZwölftausendsiebenhundertfĂŒnfzig Tagen begonnen habe zu bauen, lasse ich einstĂŒrzen, ich trenne mich von meinen wichtigsten Karten, jenen Karten auf denen mein Kartenhaus ruht. Es soll wackeln, endlich umfallen. Der Refrain spielt nun als einziger Teil des Liedes in mir, wieder und wieder. Ich weine â wie so oft â doch sind es diesmal FreudentrĂ€nen, japanische TrĂ€nen. KirschblĂŒten fĂŒllen mich aus, ich breche aus mir selbst aus, aus meinen Gewohnheiten, entfliehe dem ach so gemĂŒtlichen Alltag. Ich befreie mich aus dem Nest, dem heimisch gewordenen KĂ€fig, dessen StĂ€be aus Sicherheit und Vertrautheit bestehen. Ich habe das GefĂŒhl, dass erste Mal zu leben, mich zu spĂŒren. Das erste Mal in meinem Leben ist wunschlos glĂŒcklich mehr als eine dahergesagte Metapher, mehr als eine wĂŒnschenswerte Traumvorstellung, die auf unerfĂŒllten und materiellen WĂŒnschen beruht. Neun Tatmai groĂ ist mein wunschloses GlĂŒck. NeuntausendzweihundertfĂŒnfzig Kilometer ist mein Wunsch entfernt. Zweihunderteinundsiebzig Tage trennen mich noch von meinem GlĂŒck. »Lebe wohl«, sage ich der alten Heimat, in der ich geboren und aufgewachsen bin, doch wollte mein Herz niemals hier sein. »Lebe wohl«, sage ich dem Land, das ich vielleicht fĂŒr immer verlasse, es aber niemals vergesse. Mit KirschblĂŒten im Herz beginne ich bald mein neues Leben.
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